Trekking auf Mallorca - Reisegedanken

Die Baleareninsel Mallorca ist vielen als Urlaubsinsel bekannt und vertraut. Sie gilt als 17. Bundesland der Deutschen und tatsächlich kommen Besucher auf der Insel gut zurecht, ohne ein Wort Spanisch oder Mallorquin zu sprechen. Ein großer Reiz der Insel liegt in ihren Sandstränden, der Sonnengarantie und den Sehenswürdigkeiten in Palma und an anderen Orten. Eine weniger bekannte Seite der Insel liegt in ihren Wanderwegen.

Im Juli 2014 verbrachte ich eine knappe Woche auf Mallorca mit dem Ziel, zu wandern. Meine Idee dahinter war, nicht nur den Strand zu genießen, sondern auch Gegenden zu entdecken und Herausforderungen zu meistern. Beides ließ sich gut verbinden. Alle Wandertouren waren so bemessen, dass anschließend genügend Zeit für ein ausgedehntes Bad im mare nostrum blieb. Untergebracht war ich in einem kleinen, touristischen Hotel mit Halbpension in Peguera. Der Ort liegt im Südwesten am Fuß der mallorquinischen Berge, der Serra de Tramuntana, die sich von Südwesten schräg nach Nordosten bis Pollenca ziehen.
Das öffentliche Verkehrssystem bietet gute Verbindungen vor allem mit dem Bus, sodass sich die drei Touren gut bewerkstelligen ließen. Die Rezeptionen der Hotels der Insel bieten in der Regel die passenden Fahrpläne an. Drei erwanderte Touren möchte ich hier vorstellen.

Die erste Tour führte mich von Port d’Andratx nach Sant Elm. Von der Bushaltestelle in Port d’Andratx ging es vorbei am mondänen Yachthafen in Richtung Aufstieg. Erstes Ziel war der Coll des Vent. Der Weg führte und kreuzte immer wieder eine Serpentinenstraße und war recht steil. Da die Insel im Sommer bereits vormittags Lufttemperaturen zwischen 25 und 30°C erreicht, war der Aufstieg entsprechend schweißtreibend. – Überraschend war das nicht angesichts von Jahreszeit und Ort meiner Trekkingvorhaben. Es hatte bereits seit sechs Wochen nicht geregnet. – Belohnt wurde mein Aufstieg zum Höhenweg durch ein atemberaubendes Panorama, das ich pausierend andächtig und staunend bei einer Zigarette bewunderte. Einmal oben angekommen versprach mein Wanderführer keine gravierenden Höhenschwankungen auf absehbare Zeit und tatsächlich führte der breite Weg gemächlich am Berg entlang. Highlight der Wanderung war für mich der Pas Vermell, der Höhenrücken, von dem ich noch gerade eben die letzten Häuser von Port d’Andratx und auch schon Sant Elm mit der vorgelagerten Insel Dragonera sehen konnte. Hinter dem Pass führte der Weg in der Tendenz bergab – durch ein dichtes Kiefernwäldchen entlang einer Stromtrasse. Der Abstieg führte mich zum Ortsrand von Sant Elm, einem Ort mit eher felsigen Meereszugängen. Von da aus war es nicht weit bis zur Bushaltestelle – und es war nach gut 8 km noch genug vom Tag übrig für ein paar Stunden am Strand von Peguera.

Tags darauf nahm ich den Faden wieder auf. Mein treuer Wanderführer (mein Tipp: der „Rother Wanderführer Mallorca“ von Rolf Goetz) schlug die Route von Sant Elm zur Klosterruine La Trapa vor und ich kehrte gerne in das einladende Örtchen gegenüber der Dracheninsel (Dragonera) zurück. Diesmal waren gut 11 km zu laufen. Wieder ging es bergauf, wieder war es warm. Als lohnende Investition im Allgemeinen und für Wanderungen im Besonderen schätzte ich meinen Strohhut, günstig für nen 5er an einer Promenade erworben. Modisch nicht der letzte Schrei, dafür praktischer Schattenspender in mallorquinischer Bergeinsamkeit. Denn so gerne sich Touristen am Strand, an Promenaden und in Geschäften tummeln, so alleine war ich teilweise unterwegs. Zwei Besonderheiten sind mir in Erinnerung geblieben: alle Touren wurden begleitet von einem lautstarken Zirpen von Zikaden und die Insel hat einen eigentümlichen, intensiven Eigengeruch. Der Weg zur Klosterruine führte beständig bergauf und bot dabei wunderschöne Küstenpanoramen. Ein kleiner Abschnitt war dann eine Herausforderung. Denn der Weg führte steil über nackten Fels, daneben ein Abgrund. Einige Momente dachte ich über Umkehr nach, bis mich die Entschlossenheit packte und ich das gefühlte Risiko einging. Nach einer kurzen Krakelei war das Schlimmste überstanden und die Ruine des alten Trappistenklosters kam in Sicht. Der zurückgelegte Weg war der alte Weg, den die Mönche gegangen sind – um sich mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen und um das Olivenöl, das sie in Plantage und Mühle erzeugten, nach Sant Elm zu liefern. Die Klosterruine wird von einer Naturschutzorganisation betreut, die sich um Wiederaufbau und schonenden (Wander-)Tourismus kümmert. Bereits wieder hergerichtet ist die alte Ölmühle der Mönche. Beeindruckend sind daneben zwei Miradore (Aussichtsflächen), die wiederum einen wundersamen Ausblick auf die Dracheninsel ermöglichen. Ich nutzte die ebenen Flächen etwas zweckfremd für ein paar Übungen im TaiChi – eine schönere Aussicht hatte ich dabei nie. Der Rückweg führte über monotone Serpentinen, von denen ich nach einer Weile genug hatte. Bei einem wiederholten Besuch würde ich den einmal gegangenen Weg zum Kloster einfach zurückgehen, ist viel interessanter. Mein Wanderführer ermunterte mich zu einem Abstecher zum „verträumten“ Torre Cala en Basset – brav folgte ich und stellte fest, dass sich das Türmchen zu verstecken schien. Schließlich gefunden war ich einigermaßen enttäuscht – halb verfallen und Graffiti verschmiert langweilte sich und mich das Türmchen in der Sonne. (An Mallorcas Küsten gibt es viele alte Forts und Türme zur Beobachtung der Schiffsbewegung und zur rechtzeitigen Warnung vor Piraten in alter Zeit. Ob das Melken von Touristen als moderne Form der Piraterie gelten kann?)Zurück in Sant Elm belohnte ich mich mit einem Eis und einem Bad im Mittelmeer – phantastisch.

Mein Wanderführer bietet eine Tour an, die mich als Ganzes reizt.
In fünf Tagesetappen führt der Fernwanderweg GR 221 von Valldemossa nach Pollenca. Die Idee dahinter: eine Route anzulegen, der vom Süden durch die Tramuntana bis in den Norden der Insel führt. Bisher ist nur ein Teil fertiggestellt und gut erschlossen. Mich reizt die gesamte Tour, der letzte Sommer bot Zeit für eine Kostprobe. Ich lief einen Abschnitt des Wegs GR 221 von Dejà nach Sóller.

Von Peguera nach Dejà zu gelangen war wiederum mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos möglich – kostete wenig Geld, dafür Zeit. Einmal angekommen bot der Ort selbst einen malerischen Anblick, etwas abseits vom Meer ist das Vorzeigedorf Dejà in die Berghänge gebaut. Einige kurze Augenblicke war ich versucht, den Ort näher zu erkunden, besann mich dann auf mein ursprüngliches Vorhaben. Nach kurzer Suche war der nunmehr gut ausgeschilderte Wanderweg gefunden. Der GR 221 hat den Beinamen ruta de la pedra en sec – Route der Trockensteinmauern – und machte ihm alle Ehre. Erleichtert war ich als ich merkte: der Weg führt nicht direkt über die hinter Dejà hoch aufragenden Berge, sondern daran entlang. Zunächst durch Olivenhaine, später dann nach dem obligatorischen Anstieg (Unterhalb der Berge hing Feuchtigkeit in der Luft, was das Laufen an diesem Tag beschwerlicher gestaltete) den alten Handelsweg entlang, meist gut beschattet. Für diese Strecke waren 13,4 km veranschlagt, wobei ich zugebe, die Route etwas abgekürzt zu haben und mir den Umweg über Port de Sóller gespart zu haben. In guter Erinnerung geblieben ist mir der Blick von der Finca Son Mico ins Tal und auf den Puig Major und kurz darauf die verwunschene Capella de Castelló. Der Weg führte weiter in den Talkessel von Sóller – angesichts von ausgedehnten Zitronen- und Orangenplantagen wird diese Gegend schlicht „S’Horta“ (der Garten) genannt. Etwas traurig und sentimental beging ich diesen letzten Abstieg am letzten Ausflugstag auf der Insel. In Sóller war schnell die Bushaltestelle gefunden und der Rückweg nach Peguera via Palma angetreten. Schließlich wollte ich an diesem Tag noch einmal ins Meer eintauchen.

Text: Torsten Ferge
Foto: Torsten Ferge

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